Offener Brief an die BI „Gegenwind Altötting“
Altötting, den 14.09.2023
Wer in den letzten Monaten die Nachrichten verfolgt hat, dem müsste klar geworden sein: „Der Klimawandel ist angekommen und nicht mehr zu leugnen.“Das
bedeutet, dass wir so schnell wie möglich von den fossilen Brennstoffen weg müssen, denn sie fachen die Erderwärmung an. Atomkraft ist aus vielen Gründen keine Alternative und erst recht nicht billig, wie viele meinen. Also, wo soll in Zukunft der benötigte Strom herkommen? Immer mehr E-Autos wollen mit Strom versorgt werden, ebenso die in Zukunft verstärkt verbauten Wärmepumpen, ganz zu schweigen von dem immensen Stromverbrauch der chemischen Industrie bei uns im Landkreis.
Beide Verbände, der Bund Naturschutz (BN) und der Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) haben nach langer reiflicher Überlegung den Entschluss gefasst, sich am Projekt eines Windparks im Forst konstruktiv zu beteiligen.
Jede Wirtschaftsregion hat die Verpflichtung bis 2032 1,8 % seiner Fläche für Windkraft zur Verfügung zu stellen. Unserer Meinung nach haben wir bei uns im Landkreis keine andere Fläche, auf der wir mittelfristig 40 Windräder aufstellen könnten. Die dafür benötigte Fläche im Staatsforst beträgt knapp 1 %. Jede menschliche Energieerzeugung bedeutet einen Eingriff in die Natur. Wir sind bestrebt die Eingriffe so gering wie möglich zu halten. Für die notwendigen Rodungen muss es Ausgleichsflächen geben.
Da es für das betroffene Waldgebiet noch keine Daten zu windkraftsensiblen Vogelund Fledermausarten gibt, fordern wir ein Monitoring von unabhängigen Gutachtern und eine Überprüfung durch die Untere Naturschutzbehörde (UNB).
Solange die Standorte der einzelnen Windräder noch nicht festliegen, kämpfen wir für einen größtmöglichen Pufferabstand zu dem Naturschutzgebiet „Untere Alz“. Im Zweifelsfall müssten an geeigneten Stellen im geplanten Windpark automatische Erkennungs- und Abschaltsysteme installiert werden, um den Artenschutz zu gewährleisten.
Wir brauchen dringend einen Ausbau aller regenerativen Energien die ökologisch vertretbar sind, vor allem in unserem energiehungrigen Landkreis. Windkraft ist die effektivste Form der Energieerzeugung, da sie bei weitem den geringsten Flächenverbrauch hat und auch im Winterhalbjahr gute Erträge liefert. Inzwischen ist auch die Technik, vor allem bei den Rotorblättern so weit fortgeschritten, dass Windanlagen auch in Gegenden mit wenig Wind sehr
wirtschaftlich arbeiten.
Auch fordern wir die Einbeziehung der Bevölkerung und finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten. Wir wollen lokale Wertschöpfung, damit der Landkreis davon
profitiert.
Wir führen Gespräche zum Windpark mit den Staatsforsten und dem Landratsamt. Mit Qair Altötting sind ebenfalls Gespräche geplant. Aber welche Gespräche hat die BI „Gegenwind“ mit Behörden oder Institutionen vor Ort geführt?
Wir dürfen nochmals daran erinnern, dass wir als Naturschutzverbände klare Forderungen an die ökologischen Rahmenbedingungen stellen. Als anerkannte Naturschutzverbände, aktiv seit Jahrzehnten in Bayern, benötigen wir keine Nachhilfe wie wir unsere Argumente einbringen und diskutieren.
Kritik und Bedenken sind notwendiger Teil im Projekt und daran beteiligen wir uns.
Beides sollte aber konstruktiv und faktenorientiert erfolgen. Für ein bloßes Nein und Verleugnung der Realität des epochalen Problems des Klimawandels und des Artensterbens ist keine Zeit mehr. Es gibt für uns alle keine Alternativen.
Gerhard Merches
Kreisvorsitzender Bund Naturschutz (BN)
Gunter Eder
Kreisvorsitzender Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV)
Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen
- Notwendig, um unvermeidbare Eingriffe in Landschaft und Naturhaushalt auszugleichen
- Eingriffe können beispielsweise das Landschaftsbild oder die Flora und Fauna betreffen, aber auch Boden und Wasser
- Beispiele für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen: Anlegen einer Streuobstwiese, Aufhängen von Nistmöglichkeiten, Ersatzzahlungen z. B. für das
Landschaftsbild oder Walderhaltungsabgaben, Wiederaufforstung, Gestaltung von Gewässern, Blühstreifen, Habitate für Vögel u. v. m. - Sicherstellung, dass Maßnahmen sinnvoll sind und positive Auswirkungen haben
Artenschutzrechtliche Kartierung
- Beauftragung eines unabhängigen Sachverständigen inkl. Gutachten
- Erarbeitung eines Kartierkonzepts in Absprache mit der Genehmigungsbehörde, den zuständigen Fachabteilungen und dem Planungsunternehmen
- Festlegung der relevanten Arten und des Kartierumfangs (Kartierungsdauer ca. zwölf Monate, um alle Arten erfassen zu können)
- Mögliche zu kartierende Arten und deren Lebensraum: Windkraft-sensible Vogelarten (u. a.Rotmilan oder Seeadler), Brut- und Zugvögel, Fledermäuse, Säugetiere, Amphibien, Reptilien und Weichtiere, Schmetterlinge, Libellen und Käfer